Freitag, 1. Juni 2012


Wie sie spüren, hören sie nichts

Beschleunigung kann in vielen Formen multisensorisch erlebt werden. Durch den Blick auf die plötzlich vorbeifliegende Landschaft, den Geruch nach verbranntem Gummi oder die Trägheit des eigenen Körpers, der in die Rückenlehne gedrückt wird. Nicht ohne Grund kursieren im Marketing immer noch Legenden, denen zufolge die Weichheit des Sitzes – und damit das Gefühl des „in den Sitz gepresst Werdens“ – für die subjektiv empfundene Sportlichkeit eines Wagens nicht zu unterschätzen ist.

Wie man die Beschleunigung eines Hybridwagens auch noch erleben kann, zeigt uns Toyota in seinem jüngsten Spot:



Akustisch betrachtet ist der interessanteste Sound in diesem Spot vielleicht der, den man nicht hört: der Motor. Wäre der Hybrid-Skeptiker beim „Anlassen“ des Wagens vom Aufheulen eines 12-Zylinders gewarnt worden, hätte er wohl instinktiv mit einer anderen Körperspannung reagiert. So bekommt er die Kraft des Wagens nicht zu hören, aber zu spüren.

Hier tritt ein akustisches Muster zutage, das wir seit Generationen verinnerlicht haben: Autos mit beeindruckender Beschleunigung haben auch einen beeindruckenden Motorenklang. Die Konditionierung aus dem Motorsport schlägt die in der Allgemeinheit seltene Erfahrung, dass im Luxussegment Leistung auch leise sein kann.
Die gelernte Erwartungshaltung besagt, dass ein sportliches Auto auch sportlich klingt. Man stelle sich nur einen aktuellen Porsche 911 mit dem Motorenklang eines Trabant vor. Welches Vertrauen würde man noch in die Leistung des Fahrzeugs setzen? Welche Auswirkungen hätte es auf den Wagen als Statussymbol?

In der Hybrid- und Elektromobilität stellen sich diese und andere Fragen neu. Unlängst haben die Hersteller reagiert und dabei teilweise Klangmuster aus der Ära der Verbrennungsmotoren neu interpretiert. Noch ist nicht klar, welche neuen akustischen Muster und Erwartungshaltungen daraus entstehen werden.

Erfrischend ist in jedem Fall, dass Toyota in diesem Spot weder an das grüne Gewissen noch an die Brieftaschen der potentiellen Käufer appelliert, sondern an die diebische Freude, mit den Vorurteilen des Gegenübers spielen zu können.
Es tut der E-Mobilität sicher gut, wenn sie nicht nur als vernünftig und intelligent wahrgenommen wird, sondern auch als eine Technologie, die Spaß macht.

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