Freitag, 20. Januar 2012


VW lässt STAR WARS erklingen – tierisch!

Eine Marke, deren Sound uns nicht nur in 2012 immer wieder begegnen wird, ist zweifelsohne Star Wars. Dieses Imperium an Assoziationen an eine ferne Galaxie hat sich nicht nur durch die "Erfindung" des modernen Merchandising zu einem Best Case in der Markenwelt entwickelt.

Auch der Corporate Sound der Sternensaga ist weltweit bekannt, als akustisches Symbol gelernt und dürfte damit eine global wirksame Wissensaktivierung triggern: Ein paar Noten aus dem Eröffnungsthema, der markante Klang eines Pod-Racers aus Episode 1 (übrigens ein interessantes Beispiel für funktionales Sound Design für ein nicht Verbrennungsmotor angetriebenes Fahrzeug der Zukunft) oder der Klang eines Laserschwerts – und schon entsteht im Kopf des Rezipienten das passende Kopfkino.

Genug um es auch für andere Marken zu kapitalisieren. Wie man dies mit charmantem Storytelling verbinden kann, hat VW anlässlich des letzten Superbowls vorgemacht. Der Spot, in dem ein kleiner Darth Vader versucht, seine Macht auszuüben wurde ein internationaler Erfolg.



Schon beim Anblick des kleine Darth und den ersten Tönen von John Williams "The Imperial March" werden die individuellen Erinnerungen an die Welt der Jedi und der Sith aktiviert. Interessant ist, dass VW in der US-Version sogar auf sein eigenes Sound Branding am Ende des Spots verzichtet – zugunsten des Klangs eines Laserschwerts.

Nun bedient sich VW ein weiteres Mal der von George Lucas geschaffenen Assoziationswelt – diesmal allerdings primär akustisch und im wahrsten Sinne des Wortes "tierisch": Im Teaserspot zum Werbeblock des diesjährigen NFL Finales sieht man zunächst die Marke vor lauter Hunden nicht. Doch dann schlägt das Gebell in den klar erkennbaren Imperial March um. Und da ist sie wieder, die Assoziationswelt Star Wars.

Link zum TV-Teaser

Die Mechanik, eine prägnante Melodie als akustisches Wiedererkennungszeichen zu nutzen und die Instrumentierung bzw. das Genre zur Anpassung an Kampagne, Werbebotschaft oder Imageträger flexibel zu gestalten ist nicht neu. Die Deutsche Telekom praktiziert dies seit Jahren konsequent mit ihrem Soundlogo für verschiedene Subbrands, Kampagnen und Spots.

VW beweist, dass das musikalische Thema des imperialen Gegenspielers von Luke Skywalker und Co. bekannt genug ist, um selbst in animalischer Interpretation wiedererkannt zu werden – entsprechender Dressur und Post-Produktion sei Dank.

Interessant ist, dass die optischen Trigger zunächst nur die zweite Geige spielen: Das "Halsband" eines gewissen schwarzen Hundes erinnert stark an das Kostüm von Darth Vader und auch eine von den Ewoks inspirierte Maske in der ersten Reihe dürfte kein Zufall sein.
Die Kommunikationsaufgabe der Wiedererkennung des Imageträgers liegt aber bewusst vor allem auf dem Klang, der diese (zugegeben recht dankbare Aufgabe bei einem Star Wars Theme) voll erfüllt.

Aus Sicht der Assoziationsmechanik ist interessant, dass der Klang hier nicht nur klassische Absenderkennung einer Marke oder Imageträger zur Übertragung von Assoziationen auf dieselbe ist. Der Sound fungiert hier als Kennung einer Marke (Star Wars), zur Nutzung für die Kommunikation einer andere Marke (VW).
Auch wird diese Verknüpfung nicht primär zur emotionalen Aufladung, sondern zum Storytelling (bzw. zum anteasern desselben) eingesetzt. In wie fern dabei auch ein Imagetransfer erfolgt ist, sei dahingestellt. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass die galaktische Kommunikationsmaßnahme der Marke nicht schadet. Das ohnehin sehr dezente VW-Branding bleibt hingegen rein optisch.

Es bleibt zu hoffen, dass derart kreative Werbung mit der intelligenten Nutzung von Klang als Gedächtnisanker nicht die Ausnahme zu US-Großereignissen bleibt. Auf jeden Fall hat die Gemeinde der VW-Rezipienten aber nun einen weiteren Grund, in der Werbepause des Superbowls nicht wegzuschalten.


NACHTRAG:

In der deutschen Version behielt Volkswagen im Gegensatz zu den USA das eigene Sound Branding (der Claim von der Corporate Voice gelesen) und die eigene Logoanimation bei. Ein Trend, der sich auch bei anderen deutschen Automobilmarken beobachten lässt: Während im Heimatmarkt der Corporate Sound recht konsequent angewendet wird, wird im Ausland schon mal darauf verzichtet.



Trivia: Auch der Autoschlüssel in der Hand des Vaters und dessen Funktion wurden ausgetauscht. Es schien für den deutschen Markt wohl doch etwas abwegig, per Fernbedienung den Motor zusammen mit der Warnblinkanlage zu starten?

Dienstag, 3. Januar 2012


Der Klang des neuen Jahres

Willkommen im Sound von 2012. Nun, da der Neujahrsklang von Sektkorken und Silvesterraketen verhallt ist, liegt ein neues Jahr voller Hörerlebnissen vor uns. Man darf gespannt sein: Welche Klänge werden das Jahr prägen, an welche wird man sich erinnern und welche werden verschwinden?

Ein prägender Sound der Fußball WM von 2010 hat uns scheinbar schon wieder verlassen: die Vuvuzela. Vergessen scheint der "Bienenschwarm", der die Toningenieure der TV-Sender einiges an Nerven gekostet haben dürfte und die eine oder andere interessante, musikalische Performance provozierte.



Ob wir bei der WM in Polen 2012 ein Revival der Vuvuzela erleben werden, scheint fraglich. Spätestens die WM 2014 in Brasilien dürfte allerdings mit anderen Klängen in Erinnerung bleiben.

Welcher Klang für das Jahr 2011 im Rückblick prägend sein wird, scheint noch offen. (Vorschläge sind willkommen.) Ein Klang, der sich ebenfalls schon zur WM in Südafrika hören ließ und sich in 2011 weiter gefestigt hat ist die Coca Cola Melodie. Die fünf Töne, die schon im WM Song "Wavin' Flag" untergebracht waren, finden sich (international ebenfalls schon seit 2010) auch in der Weihnachtskampagne von Coke.



Damit wird das seit den 90ern etablierte "Holidays are Coming" – damals noch in Kombination mit dem Jingle "Always Coca Cola" – endgültig von einem neuen Song – "Shake Up Christmas", in der deutschen Kampagne 2011 gesungen von Natascha Bedingfield - und einem neuen akustischen Symbol abgelöst.



Hoffnung im Sinne des Klangs von 2012 macht die neue Richtlinie zur Mischung und Messung des Tons in TV-Spots. Die Orientierung an den neu eingeführten "Loudness Units" statt des Spitzenpegels wird den Loudness War wohl zwar nicht über Nacht beenden, man darf jedoch wieder auf kreativere Mischungen in der TV-Werbung hoffen.

Dass es auch am Mut der Auftraggeber nicht scheitern muss, wenn es um akustische Inszenierung geht, beweist zum Jahresauftakt ein Discounter.



Wenn auch die "Edel-Offensive" (Horizont.de) mit Vivaldi unter Gesichtspunkten des Markenfits für LIDL gewagt erscheinen mag – sollte die Marke sich langfristig ein neues, hochwertigeres Image geben wollen, so ließe sich dies auch akustische hervorragend unterstützen – und das längst nur nur mit klassischer Musik.

In so fern wünscht der Autor allen Lesern ein klangvolles neues Jahr 2012 mit vielen, im besten Sinne inspirierenden Hörerlebnissen!

Mittwoch, 9. November 2011


Kann den Piepen Sünde sein?

Piepen. Überall piepen. Das Handy, die Mikrowelle, das Auto. Überall piept es. Doch was will uns das Piepen sagen?

Die akustischen Signale vieler Geräten haben eine primäre Funktion: unsere Aufmerksamkeit auf das Gerät und die oft visuell dargestellte Information zu lenken. Eine zunächst einmal vollkommen legitime und adäquate Funktionalität.

Mancherorts dient das Piepen der Bestätigung einer Eingabe oder es enthält die Mitteilung, dass das Essen erwärmt wurde – obwohl viele Mikrowellen eher alarmierend als appetitanregend klingen. Allzu oft muss jedoch erst wieder das Auge bemüht werden, bevor die eigentliche Information wahrgenommen werden kann.

Mitunter dienen das Piepen auch nur der allgemeinen Warnung, einer Re-Fokussierung der Aufmerksamkeit bei potentieller Ablenkung. So auch beim neuen Assistenzsystem, das Mercedes Benz soeben in der B-Klasse vorgestellt hat:



Der Piepton alarmiert den Fahrer, dessen Aufmerksamkeit damit (hoffentlich) auf die Fahrbahn und damit auf das Hindernis gelenkt wird. Doch die explizite Information "Warnung: Kollision!" scheint im Klang selbst nicht enthalten zu sein. Möglicherweise auch deshalb, weil der Alarmton sich nicht eindeutig von anderen Warntönen unterscheidet, und diese Bedeutung vom Fahrer daher nicht "gelernt" werden kann?
Zugegeben, es scheint in dieser Situation völlig ausreichend, den Fahrer allgemein zu "warnen". Doch wäre eine spezifischere Kommunikation unmöglich?

(Der kleine Junge zu Anfang des Spots scheint die Bedeutung schon verinnerlicht zu haben. Er wechselt mit traumwandlerischer Sicherheit die Richtung, wenn er durch ein Piepen auf ein Hindernis aufmerksam gemacht wird. Warum er nicht anhält, oder seine Richtung nach der Quelle des Piepen – offensichtlich die Dame seines Herzens – neu ausrichtet, muss an dieser Stelle Spekulation bleiben. Ebenso wie die ausbleibende Reaktion der weiblichen Beifahrerin.)

Intelligentes Sound Design in Interfaces – eine Ausnahme?

Eine der intelligenteren und vielzitierten akustischen Anwendungen ist die Einparkhilfe, die über die Wiederholungsrate eines Tones dem Fahrer mitteilt, wieviel Platz noch zu umgebenden Hindernissen besteht. Diese Sonifikation entlastet den Fahrer, weil die Information keiner visuellen Komponente Bedarf und die Augen so auf die Umgebung fokussiert bleiben können. Es sei denn natürlich, die Einparkhilfe wird von einer aufwendigen Displaydarstellung begleitet, die die Aufmerksamkeit auf sich lenkt.

Es stellt sich ganz allgemein die Frage, ob beim akustischen Design von Interfaces nicht noch großes Potential besteht. Schließlich muss es nicht immer ein Piepton sein. Ein intentional gestalteter Klangimpuls kann viel mehr Informationen vermitteln:
Eine Abstufung der Dringlichkeit etwa über die Klangfarbe, die Lautstärke oder das Tempo eines Pulses wäre möglich. Oder eine Differenzierung der mitgeteilten Information, durch die exklusive Belegung dieser Mitteilung mit einem bestimmten Klang.

All dies kann und soll visualisierte Informationen nicht vollständig substituieren. Es scheint jedoch Spielraum zu geben, akustische Signale im Interaction Design intelligenter einzubinden.

Selbstverständlich kann hier auch das Sound Branding relevant werden. Sollte ein Premiumfahrzeug der Marke Mercedes auch in seinen Assistenzsystemen anders klingen als die Konkurrenz? Oder ist aus Gründen der Sicherheit beim Marken- bzw. Fahrzeugwechsel in allen Fahrzeugen das gleiche Muster anzuwenden? Welche Spielräume existieren und wo liegen die Grenzen, an denen ein funktionaler Klang beginnt, durch seine Gestaltung die Aufmerksamkeit auf sich selbst und nicht mehr auf die mitzuteilende Information zu lenken?

Viele dieser Fragen scheinen derzeit noch offen zu sein. Die Gestaltung von Klängen hingegen schreitet ständig voran – wobei die Zielgruppen dies nicht immer auch als einen qualitativen Fortschritt wahrnehmen.
Die Frage des Klangs der Elektromobilität polarisiert bisweilen. Zu recht mag man meinen, hört man etwa das "Toyota Prius Vehicle Proximity Notification System":



Dieser Klang, der in seiner Art typisch für Automobile und zugleich zukunftsweisend sein soll, erzeugt nicht nur Orientierung im Straßenverkehr, sondern auch Ablehnung wie die Berichterstattung zeigt.
In der Tat stellt sich die Frage, ob Elektromobilität noch ein Gewinn für die Soundscape urbaner Räume darstellt, wenn mehrere Dutzend dieser Fahrzeuge in Hörweite sind.

Auch hier scheint noch ein großer Gestaltungsspielraum zu bestehen, in dem nicht nur der Corporate Sound einer Marke relevant sein sollte, sondern auch die mittel- und langfristigen Auswirkungen auf die Klanglandschaften unserer Lebensräume.

Es muss nicht immer ein Piepen sein. Auch wenn ein Piepen mitunter besser ist, als gar kein Sound.
Es bleibt zu hoffen, dass die Professionalisierung intentional gestalteter Klänge auch im Interface und Interaction Design fortschreitet und verantwortlich gestaltete Klänge bald so selbstverständlich sind, wie die oft hervorragenden visuellen Designs.

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