Mittwoch, 1. Februar 2012


Die Gefahr großer Erwartungen

Große Marken erzeugen unweigerlich große Erwartungen. Was für den Mittelständler oder die Handelsmarke akzeptabel ist, wird bei den großen Namen schnell als durchschnittlich abgetan.
Die Kunst mit den Erwartungen der Zielgruppen zu spielen und diese gezielt zu nutzen haben viele Marken perfektioniert. Man denke nur an die brodelnde Gerüchteküche, die die Einführung des Apple iPhone begleitete oder die Inszenierung der Vorstellung des Tablet aus dem gleichen Hause.

Die Erwartungen, die an große Marken gestellt werden, erstrecken sich auch auf deren Kommunikation. Die Werbeblöcke des US-Superbowl sind dafür das prototypische Beispiel was TV Commercials betrifft. Eine Ausnahmesituation, in der die Markenkommunikate einer besonders großen und kritischen Aufmerksamkeit gegenüber stehen – sowohl von Seiten der Konsumenten als auch von der Branche selbst. So verwundert es nicht, dass die großen Automobilmarken mit eigenen Teaser-Spots ihre Werbung während des Superbowls bewerben:



Auch was die Kreativität der Werbung angeht, wurden in den Superbowl Spots immer wieder Maßstäbe gesetzt. Die Audi "Green Police" Kampagne blieb ebenso positiv in Erinnerung wie VWs kleiner Darth Vader.

Auch dieses Jahr wollte VW dem Thema Star Wars treu bleiben, und bediente sich im Teaser sogar einer explizit akustischen Mechanik:



Erfolg verpflichtet und nach dieser Ankündigung waren die Erwartungen um so höher. Doch der eigentliche Spot, der bereits vorab schon auf Youtube zu sehen ist, wirkt zunächst überraschend ungalaktisch...



Aus der Sicht des Corporate Sound ist der Spot weniger innovativ als der Teaser. Die in der Bar-Szene verwendete Musik aus dem Film Star Wars Episode 4: A New Hope stammt und von eingefleischten Fans schnell als akustisches Element des Star Wars Universums identifiziert werden dürfte. Sie fand auch schon in der Episode II der Rebellion von Greenpeace gegen VW Verwendung. Als Element des Star Wars Corporate Sound dürfte sie allerdings weniger bekannt sein, als der Imperial March oder das Titelmotiv. Doch die Verortung der Szene in Chalmun's Cantina in Mos Eisley dürfte dem Zuschauer auch durch das visuelle Design gelingen – spätestens beim Auftritt von Darth Vader ist es klar.

Wie Audi auf seiner Vampir-Party verzichtet auch VW im Superbowl Spot auf das eigene Sound Branding. Ein Umstand, der etwa bei der deutschen Adaption des VW Spots mit dem "Vader Kid" – der wie wir nun wissen auch auf Tatooine diskutiert wird – nachträglich angepasst wurde.

Doch einmal ganz offen gefragt: Hat dieser Spot ihre persönlichen Erwartungen erfüllt? Nutzen Sie gern die Kommentarfunktion. Der Autor freut sich auf einen rege Diskussion.

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Kristof (Gast) - 2. Feb, 14:10

... nun ja, fest steht, dass der Superbowl die prestigeträchtigsten Werbeslots der Welt bietet. Da kann man nicht einfach bloß einen Werbespot liefern. Dementsprechend hat VW da letztes Jahr wirklich einen Hit rausgehauen. Dieser Werbespot lässt aber - neben der ganzen Star Wars Thematik - der Marke VW noch genügend Luft zum Atmen. Der aktuelle Werbespot hingegen wurde groß angekündigt und nachdem einige Leute aus meiner Facebook-Freundesliste dann den Youtube-Link posteten, war ich doch wirklich enttäuscht. Es wirkt verkrampft, wie gewollt und nicht gekonnt, der klägliche Versuch an diese Thematik wieder anzuknüpfen, allein, man nimmt VW nun eben jene Luft zum Atmen weg. Eine Marke sollte sich nicht NUR deswegen im Kopf der Zuschauer einprägen, weil sie zu via Werbung zu einem guten Zeitpunkt ausgestrahlt wurde, sondern weil die Werbung auch gut ist. Meines Erachtens hätte man in diesem Jahr den Pioniersgeist des letzten Jahres vorantreiben sollen und auf eine komplett neue Thematik, eine komplett neue Pointe setzen sollen. Auch klanglich selbstverständlich. So wirkt es doch eher wie "Die Geister, die ich rief, werd ich nicht mehr los".

Cornelius Stiegler - 6. Feb, 12:20

Hallo Kristof,

vielen Dank für Ihre Meinung.

Eine neue Thematik zu wählen und eine neue Pointe zu setzen wäre sicherlich eine Option gewesen. Es scheint fraglich, ob diese dem Vergleich mit dem Vorjahresspot entgangen wäre oder ihn hätte übertrumpfen können. Darüber ließe sich vortrefflich spekulieren...

Die diesjährige Taktik scheint ja der Versuch zu sein, dem unvermeidlichen Vergleich: "Das Vader Kid letztes Jahr war doch irgendwie besser" offensiv zu begegnen.
Nimmt man den Spot ernst, so scheint die Marke einzugestehen, das der diesjährigen Spot den vom letzten Superbowl nicht übertrifft.

Wie die Kollegen von W&V berichten: "CD Matt Ian erklärt: 'Nach dem enormen Erfolg von 'The Force' im vorigen Jahr wussten wir, dass die Leute den neuen Spot mit den 2011er vergleichen würden - sogar in weit entfernten Galaxien. Also wollten wir das direkt aufgreifen und haben uns den Spaß gemacht, auch unsere Star-Wars-Fans zu bedienen.' "

Der Versuch, den Vergleich vorweg zu nehmen und ein wenig ad absurdum zu führen, indem man die dargestellte Entscheidung jemanden treffen lässt, der ohnehin nicht neutral ist, scheint gewagt. Er ist in dieser Konsequenz aber auch selten.

Ob der Erfolg diesem Konzept recht geben wird, ist noch offen. Immerhin hat der neue Spot am Montag nach dem Superbowl schon mehr als 4,5 Mio Klicks...

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