Montag, 29. April 2013


Markensongs und die Parodie-Mechanik

Eines der deutlichsten Anzeichen dafür, dass ein Markenzeichen in der Zielgruppe gelernt und eine kritische Bekanntheit erreicht hat, ist die Parodie. Denn ein akustischer Gedächtnisanker funktioniert nur dann in der Verfremdung, wenn er so etabliert ist, dass die Hörer das Original trotz des "Brand Hacking" erkennen. Nur so funktioniert die Mechanik und sorgt gleichzeitig dafür, dass das Markenzeichen in Erinnerung bleibt.
Wer erinnert sich nicht an Otto Waalkes' "fettig Haar ist Dir gegeben..."

Ob man diese Bekanntheit für die Marke kapitalisieren kann, liegt unter anderem daran, ob man die für die Wiedererkennung relevanten Elemente nur sorgsam überarbeitet, oder komplett ersetzt. Im Fall von Gard wurde zwar der Text beibehalten, die Melodie aber geändert. Ob damit der Klassiker wirklich wiedererkannt wird, bleibt fraglich.

Anders im Fall Zott. Dort konnte man jüngst wieder das alt-bekannte "Weekend-Feeling" hören. Zwar mit aktualisiertem Text, aber musikalisch so eindeutig, dass der Klassiker nicht zu überhören war. Und das obwohl der Markensong ein gefühltes Jahrzehnt in der Schublade gelegen haben muss. Evolution statt Revolution.



Hier das Original aus der Mitte der 90er:



Das dieser Song ein Teil des dauerhaft gelernten Zott Corporate Sounds wurde, beweist auch der "Auftritt" in der Harald Schmidt Show.



Übrigens: Das Zott Soundlogo, dass jeden Besucher der Firmen-Homepage begrüßt, bleibt auch im neuen Spot ungehört.
Das visuelle Branding ist zwar nicht zu übersehen, akustisch steht jedoch einzig die Produktmarke im Vordergrund. Die Rollenverteilung der einzelnen Markenzeichen ist klar - auch so kann eine Strategie aussehen.
Bleibt nur die Frage, ob dem sound- und bildgewaltigen Auftritt der inzwischen eingestellten Marke "Zott Starfrucht" irgendwann eine ähnliche Renaissance zuteil wird.


Die (schöne) Welt des Abnehmens

Dass man auch den Klang und den Look einer ganzen Branche auf den Arm nehmen kann, zeigt nun ein Beispiel aus Großbritannien. Dort fährt die Molkereimarke Kerry alle erdenklichen Klischees zu Diat-Werbung auf – inklusive dem passenden Song:



Ähnlich wie beim jüngsten Beispiel von Old Spice handelt es hier zwar nicht um die Parodie oder Variation eines konkreten Markenzeichens, wohl aber um das kreative Spiel mit einer weithin bekannten Look- und Sound-Welt.

Ein interessanter Kniff: durch das gesprochene "insert brand" wird dieser Umstand sogar noch betont. Im Grunde soll man also alle Konkurrenzmarken zugunsten von Kerry Low Low lieber im Regal stehen lassen.

Ob's funktioniert bleibt abzuwarten. Bedanken können wir uns auf jeden Fall bei Kerry: Für eine Werbekomposition, die klischee-haltiger nicht sein könnte. Zum Glück ist sie auch im Text so deutlich überzogen, dass hoffentlich alle Zielgruppen entspannt darüber lächeln können.

Dienstag, 9. April 2013


Old Spice und die Die Rückkehr des Markensongs

Was waren das für Zeiten, als in der Werbung noch gesungen wurde! Da durften Markenbotschaften und Produktvorteile noch hemmungslos in die Welt hinaus posaunt werden, und zwar ohne Rücksicht auf höhere Logik oder Redundanz.

Ja, damals durfte man noch völlig ungeniert ganze 30 Werbesekunden mit einer Lobeshymne aus Markennamen und USPs füllen, um das Produkt zum "STAR" zu machen.



Jetzt greift die US Deo-Marke Old Spice das Element des Markensongs wieder auf. Für den Launch des neusten Produkts in der wohl ältesten Produktsparte der Körperpflege: Seife. Im Stück.



Natürlich wie immer dabei: Der spezielle Old Spice Humor, ein guter Schuss Ironie, das Spiel mit kreativen Brüchen und das akustische Wiedererkennungszeichen der Marke: das gepfiffene Soundlogo. (Mehr davon im Old Spice Youtube-Channel).

Dass die Marke durchaus innovativ mit Sound und den neuen Medien umgehen kann, hat sie nicht nur durch die interaktive Muscle Music bewiesen. Ist der Griff zum Markensong daher retro?

Dass Old Spice damit nicht allein ist, zeigt unter anderem Burger King mit dem aktuellen "Burger Fest"-Spot.



Darf das Hoffnung machen, für eine Rückkehr der Markensongs auch in die deutschen Werbeblöcke? Vorstellbar wäre es, schließlich ist es heute fast schon wieder ein kreativer Bruch – oder frei nach Gaede – eine Abweichung von der Norm.

Montag, 18. März 2013


Popstars und Pandas – Künstlerkooperationen bei H&M

Dass die Trends der Modewelt mitunter recht schnell-lebig sind, überrascht heute niemanden mehr. Gestern Retro, heute HipHop. Warum nicht? Gerade breit aufgestellte Labels wie H&M können oder wollen es sich nicht leisten, nur auf eine Karte zu setzen.
So bunt gemischt wie die anzusprechenden Zielgruppen lesen sich dann auch die Listen der Testimonials, die manchmal mit jeder Jahreszeit zu wechseln scheinen.

Wie die Mode, so die Musik?
Ein einheitlicher und wiedererkennbarer Corporate Sound – analog zum Corporate Design – entsteht so zwar nicht, das scheint jedoch auch gar nicht die Strategie zu sein. Denn anstatt die Kommunikation der Marke durch Sound zu "brandmarken", wird hier Musik vor allem als Imageträger genutzt. Nicht Sound Branding im klassischen Sinne also, sondern Branded Audio bzw. Branded Entertainment. Insofern würde auch ein Anspruch an Kontinuität an der Aufgabe vorbei gehen, die die Musik hier im Orchester der Markenkommunikation einnimmt.
(Anders agieren Marken wie Coca Cola, die ihr Sound Branding konsequent auch in die Kampagnenmusiken der engagierten Künstler einweben.)

Die Frage bleibt, welche Künstler und Genres eine Marke glaubwürdig unter ihrem Dach vereinen kann, ohne beliebig zu werden. Das schwedische Modehaus beweist dabei eine beeindruckende Spannweite. Noch im Herbst 2012 stand Lana Del Rey im Retro-Look für H&M auf der Bühne:



Nun folgt musikalisch gesehen eine harte Wende: mit deutschem "Raop" (Rap-Pop).

Die jüngste Kooperation steht im Zeichen der Panda-Maske, die der Musiker "Cro" zu seinem (visuellen) Markenzeichen machte. Mit einem Debütalbum, das 2012 fünf Wochen lang die deutschen Charts anführte, kann man ihn problemlos als massenkompatibel beschreiben. Dass Cro auch früher schon selbst Mode designed hat, war wohl auch nicht hinderlich. So geht die Kooperation dann auch über einen reinen Werbedeal hinaus: Die gemeinsam erstellte Kollektion kommt am 04. April in die H&M-Stores in Deutschland, Österreich und den Niederlanden.



Offiziell erscheint die limitierte "Design by Cro" Kollektion beim H&M-eigenen Label "Divided". Ob die Konsumenten diesen feinen Unterschied jedoch bis zu Ende denken, oder ob am Ende doch die Panda-Maske und die Dachmarke gedanklich verknüpft werden, muss an dieser Stelle Spekulation bleiben.

Anders als bei den Kooperationen mit Madonna oder David Beckham wird man auf eine große Kampagne verzichten. Dass Cro auch in den Filialen zu hören sein wird, scheint im Gegenzug selbstverständlich.
Es wird in jedem Fall spannend, wie die Reaktionen ausfallen – sowohl die der (potentiellen) Käufer, als auch der Cro-Fans.

Momentan ist von der neuen Kooperation jedoch noch nichts zu sehen oder zu hören. Stattdessen auf der H&M Website: ein Fashion-Wettbewerb für Tickets zum COACHELLA Musikfestival. Unter den Headlinern dort: Blur und die Red Hot Chilli Peppers. Bleibt nur die Frage: Who's next?


Update: 21.03.2013: Beyoncé

Und die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Noch bevor die neue Cro-Kollektion in den Läden kommt, gibt H&M bekannt, dass die R&B- und Soul-Sängerin alias Mrs. Carter das Gesicht und die Stimme der Sommerkampagne wird.

Neben dem visuellen Testimonial wird auch der Beyoncé-Song "Standing On The Sun" zu hören sein. Wie und ob sich dies mit deutschen "Raop" zu einer konsistenten Melange verwebt, bleibt abzuwarten.

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