Sonntag, 5. März 2006


Zwischen Werbung und PR

huggingPR-Blogging, Corporate Podcasts, User generated content - eine innovative Form der Unternehmenskommunikation jagt die andere, möchte man in letzter Zeit meinen. Die Verlockung für Unternehmen ist groß, in diese neuen Kommunikationsformen einzusteigen, nur weil die Konkurrenten es ebenfalls tun oder schlicht deshalb, weil es diese Themen immer wieder auf die Titelseiten von wired und Konsorten schaffen.

Häufig scheint jedoch nicht ganz klar zu sein, womit man es hier genau zu tun hat und an wen sich diese neuen Kommunikationskanäle richten. Ist es eine neue Form des Werbens oder der Öffentlichkeitsarbeit? Mit dieser Frage setzt sich Eric Schwartzman in einem spannenden Artikel auseinander.

Schwartzman schlägt für diese neuen Kommunikationsformen jenseits der klassischen Werbung oder PR den verallgemeinernden Begriff der "Corporate generated media" (unternehmensgenerierte Medien) vor:

Corporate generated media involves thinking beyond the press release, and beyond the blog, not in terms of generating propaganda, but in terms of using the web and new media to communicate with integrity and authenticity.

Demnach scheinen also die Inhalte zunächst nicht so wichtig wie die Tatsache, dass sich ein Unternehmen überhaupt diesen neuen Kommunikationskanälen öffnet. Aber weit gefehlt, denn in dem Moment, in dem sich Unternehmen als "Blog-Unternehmen" definieren, um auf diese Weise diesen Authentizitätsbonus zu gewinnen, kommt es umso mehr darauf an, dass die Geschichten - oder allgemeiner die medialen Botschaften, es kann sich hierbei auch um Videos oder um Audiocontent handeln - so gestrickt sind, dass sie sich über Schleusen wie digg, del.icio.us, newsvine, Google Video oder youtube von selbst im Netz verbreiten. Das Unternehmen agiert also vor allem als "Seeder". Zur Schlüsselfrage wird hier nach Schwartzman also "how to tell interesting, compelling stories ourselves".

Dies lässt sich auch in die Richtung lesen - und diese These von Schwartzman überzeugt -, dass sich bedingt durch einen Wandel in der Rolle der Massenmedien auch die Unternehmenskommunikationen ändern: Richtete sich die klassische PR noch an die Öffentlichkeit - eben als Public Relations - rückten durch den Aufschwung der Massenmedien diese immer stärker in den Mittelpunkt der PR, die sich damit auch als MR oder Media Relations definieren ließ.

Mit dem Aufkommen der zu Anfang beschriebenen digitalen Innovationen - die mit den Begriffen Web2.0 oder social web verbundene Geisteshaltung ist ein wichtiger Teil davon - verlieren die Massenmedien als Informationsbündelung und -verbreitung jedoch wieder an Bedeutung und die PR kann sich nun wieder in eine echte Öffentlichkeitsbeziehung verwandeln. Weblogs und Podcasts ermöglichen die Ergänzung der B2M(edia)-Beziehungen durch informationelle B2C-Beziehungen auf der individuellen Ebene, wobei Brand Evangelists (oder Firmen wie trnd) als wichtige Knotenpunkte in einigen Beziehungen die alte Stellung der klassischen Medienkonzerne übernehmen können. In der Netzwerktheorie würde man diese Figuren als Superspreader bezeichnen.

Wichtig ist dabei, dies ist eine weitere These von Schwartzman, dass sich diese neuen unternehmensgenerierten Medien nicht so sehr um die Produkte oder um die Marke selbst drehen, sondern die zukünftigen Kunden nicht aus dem Blick verlieren: "Good corporate generated media will not be about products or services. It will about the people who use them and their shared experiences". Es geht also zunehmend darum, ein Gespräch in Ganz zu bringen und aufrecht zu erhalten, oder in den Worten des Cluetrain-Manifests:

Unternehmen, die nicht begreifen, dass ihre Märkte jetzt von Person zu Person vernetzt sind, daraus resultierend intelligenter werden und sich in Gesprächen vereinen, versäumen ihre beste Chance.

Corporate generated media können eine Möglichkeit darstellen, diese Chance zu nutzen.

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