Montag, 6. März 2006


All That Sounds Symposium

musicPflichttermin für Audiobrander und Sounddesigner? Am 27. März von 10 bis 18 Uhr findet im freiraum/quartier21 des Museumsquartiers Wien das interdisziplinäre Symposium "AllThatSounds - die tonspur im medialen kontext" statt. Diskutiert werden neue Entwicklungstendenzen und Erkenntnisse in Bezug auf Produktion, Gestaltung, Theorie, Technik, Funktion und Wirkung von Klängen im medialen Kontext.

Was aber bedeutet diese für medientheoretisch geschulte Ohren merkwürdige Formulierung "Tonspur im medialen Kontext"? Ist nicht Klang - als Jingle, Filmscore oder als Soundscape - selbst schon ein Medium? Wozu dann noch ein medialer Kontext?

Liest man die Ankündigung weiter, so erfährt man den Grund für diese Formulierung: es geht um die Rolle, die Sprache, Geräusche oder Musik in einer "visuell dominierten Medienwelt" spielen können. Fragen, die die eingeladenen Experten aus den Arbeitsfeldern Filmkomposition, Sounddesign, Hörspiel, Fernsehen, Regie und Kunstradio beantworten sollen, lauten unter anderem:
  • Welche Rolle spielen Sprache, Geräusche oder Musik, in einer visuell dominierten Medienwelt?
  • Welche Aufgaben und Funktionen werden der Tonspur in Medienprodukten zugeschrieben?
  • Wie kann die Fülle an digital verfügbaren Sounds der Überblick gewahrt bleiben?
  • Und wie wird Sound überhaupt kategorisiert?
Zu hören sind unter anderem Vorträge von Hannes Raffaseder ("Nicht aufHÖREN, zuHÖREN! – AllThatSounds: Die Tonspur in den Medien"), Barbara Fränzen ("Musik im Film - wozu?"), Bernhard Bamberger ("Sounddesign für Film – Kunst zwischen Konventionalität und Kreativität"), Hansjörg Kohli ("Musikgestaltung in fiktionalen TV-Programmen"), Enjott Schneider ("Musik als narratives Element") und Bady Minck (Im Anfang war der Ton). Besonders spannend klingt der angekündigte Vortrag des Sounddesign-Experten Friedrich Blutner zum Thema "Klang ist Leben. Produkt-Sounddesign und die Wirkungsmuster von Schall" sowie von Elisabeth Zimmermann (kunstradio.at, Podcast hier) über die neuen Möglichkeiten von Radiokunst, die auf der 5.1 Surroundtechnik basiert.

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Sonntag, 5. März 2006


Vom Filter zum Megaphon zur Trompete: Seth Godin über Marketing

werbungSeth Godin zuzuhören und zuzusehen, wenn er unter dem Titel "All Marketers Are Liars" über die Zukunft des Marketings in der Ära des Web2.0 spricht, verspricht auf jeden Fall eine prima Unterhaltung. Vor ein paar Tagen wurde ein Video von einer Präsentation bei Google auf - wie sollte es anders sein - Google Video veröffentlicht. Wer sich nicht den gesamten 48minütigen Vortrag ansehen will - hier ist eine kurze Zusammenfassung.

Marketing und Technologie

Das Verhältnis von Technologie und Marketing wird nach Godin zumeist falsch herum gedacht. Es geht nicht so sehr darum, neue und überzeugende Technologien zu entwickeln und dann entsprechend zu vermarkten, sondern ganz bestimmte (explizite oder implizite) Marketingentscheidungen ermöglichen überhaupt erst das Durchsetzen der entwickelten Technologien.

Menschen statt Kunden

Dabei laufen Unternehmen fehl, die sich nur auf ihre "Zielgruppe" richten und versuchen, dieser ihre Produkte zu verkaufen. Viel wirksamer ist es, diese Überzeugungsarbeit den Kunden selbst zu überlassen. Googles Wachstum liegt demzufolge weniger in der überlegenen Suchtechnologie, sondern in dem erfolgreichen Einsatz von Mundpropaganda.

Permission Marketing

Das passende Schlagwort hierzu lautet: "Permission Marketing" oder die Fähigkeit, am richtigen Ort und zur richtigen Zeit auf die richtige Art und Weise seine (Werbe)botschaft zu platzieren - so dass sie nicht nur gehört, sondern geradezu erwartet wird. Es geht darum, den Menschen eine passende Geschichte zu erzählen - eine Geschichte, die sie wirklich hören wollen -, nicht darum, sie von etwas Ungewolltem zu überzeugen. Der Erfolg von Google liegt nicht darin, dass diese Suchtechnologie das "Suchproblem" der Internetsurfer besonders gut löst oder der Erfolg von Weblogs liegt nicht darin, dass sie ein "Informationsproblem" besonders effektiv bekämpfen. Nein, jeweils wird eine Geschichte erzählt, die bestimmte Menschen gerade gerne hören. Das ist alles.

Der Godin-Trichter

Godin illustriert dies mit dem Beispiel eines Trichters. Das klassische Marketing versucht, mit einem möglichst großen Trichter möglichst viele Kunden einzufangen. Viel effektiver ist es dagegen, sich vor allem auf diejenigen zu konzentrieren, die bereits ein gutes Stück in den Trichter hineingerutscht sind.

Aber der wirkliche Clou liegt erst darin, den Filter zu drehen ("flipping the funnel") und in ein Megaphon zu verwandeln, mit dem die Kunden selbst die Marketingarbeit übernehmen können (und wollen). Am besten geht das mit Modellen, die umso besser funktionieren, je mehr sich daran beteiligen: so liegt es im Eigeninteresse, seine Freunde, Kollegen etc. davon zu begeistern.

Zwei Komplexe

Das klassische Marketingmodell des "TV-industriellen Komplexes" beschreibt einen sich steigernden Kreislauf: ein Produkt bewerben führt zu einer Ausdehnung der Reichweite. Das wiederum steigert den Umsatz, so dass letztlich mehr Gewinn herausspringt, der wiederum in mehr Werbung investiert werden kann ... Damit lässt sich jedoch der Erfolg von Google, Flickr, eBay etc. nicht mehr erklären.

Hierfür schlägt Godin das Modell des "fashion/permission-complex" vor, das einen ganz anderen Kreislauf zeichnet. Er beginnt damit, dass ein Produkt bemerkenswert ist (also wert, dass darüber geredet wird), dann wird die Geschichte des Produkts den wichtigsten Multiplikatoren ("Sneezers") erzählt - das können zum Beispiel Weblogautoren sein oder Nerds -, diese verbreiten die Geschichte über Mundpropaganda und schließlich erhält das Unternehmen das Einverständnis der Kunden, weitere Geschichten zu erzählen, neue Moden zu schaffen.

Letztlich ist es das Ziel nicht so sehr, die richtigen Kunden für ein bestehendes Produkt zu finden, sondern das richtige Produkt (die richtige Geschichte) für die Kunden.

Durch das Megaphon singen

Mir stellt sich die Frage, inwiefern auch multisensorische oder zumindest Sound und Musik einbeziehende Marketingansätze von diesen Erkenntnissen profitieren können - immerhin arbeitet Godin schon mit einer klanglichen Metapher (Megaphon). Sound kann schließlich - "Ich liebe es" - ein wichtiger Teil der Geschichte sein, die erzählt wird, denn hier bewegt man sich wie von selbst vor allem auf der für Godin entscheidenden emotionalen Dimension des Marketing. Vielleicht ist es mit klanglichen und musikalischen Elementen sogar möglich, einen "richtigen Ort" und eine "richtige Zeit" zu schaffen, die dann den Kontext schaffen, um die Geschichte überzeugend zu erzählen und die auch den "Sneezers" ein (Musik)instrument an die Hand gibt, diese Atmosphäre zu schaffen und weiterzuverbreiten.

Audio Brandingansätze oder Corporate Sounddesign dürfen also nicht dem Irrtum verfallen, es gäbe ein "Soundproblem" von Unternehmen oder Marken, das zu lösen ist. Nein, Sound und Musik schaffen vielmehr die Atmosphäre, die es ermöglicht, die richtige Geschichte am richtigen Ort zu richtigen Zeit zu erzählen ("seeding") und ist zugleich das Musikinstrument, mit dem die Verbreitung dieser Geschichte unterstützt wird. Also: zweierlei Art Begleitmusik.

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Zwischen Werbung und PR

huggingPR-Blogging, Corporate Podcasts, User generated content - eine innovative Form der Unternehmenskommunikation jagt die andere, möchte man in letzter Zeit meinen. Die Verlockung für Unternehmen ist groß, in diese neuen Kommunikationsformen einzusteigen, nur weil die Konkurrenten es ebenfalls tun oder schlicht deshalb, weil es diese Themen immer wieder auf die Titelseiten von wired und Konsorten schaffen.

Häufig scheint jedoch nicht ganz klar zu sein, womit man es hier genau zu tun hat und an wen sich diese neuen Kommunikationskanäle richten. Ist es eine neue Form des Werbens oder der Öffentlichkeitsarbeit? Mit dieser Frage setzt sich Eric Schwartzman in einem spannenden Artikel auseinander.

Schwartzman schlägt für diese neuen Kommunikationsformen jenseits der klassischen Werbung oder PR den verallgemeinernden Begriff der "Corporate generated media" (unternehmensgenerierte Medien) vor:

Corporate generated media involves thinking beyond the press release, and beyond the blog, not in terms of generating propaganda, but in terms of using the web and new media to communicate with integrity and authenticity.

Demnach scheinen also die Inhalte zunächst nicht so wichtig wie die Tatsache, dass sich ein Unternehmen überhaupt diesen neuen Kommunikationskanälen öffnet. Aber weit gefehlt, denn in dem Moment, in dem sich Unternehmen als "Blog-Unternehmen" definieren, um auf diese Weise diesen Authentizitätsbonus zu gewinnen, kommt es umso mehr darauf an, dass die Geschichten - oder allgemeiner die medialen Botschaften, es kann sich hierbei auch um Videos oder um Audiocontent handeln - so gestrickt sind, dass sie sich über Schleusen wie digg, del.icio.us, newsvine, Google Video oder youtube von selbst im Netz verbreiten. Das Unternehmen agiert also vor allem als "Seeder". Zur Schlüsselfrage wird hier nach Schwartzman also "how to tell interesting, compelling stories ourselves".

Dies lässt sich auch in die Richtung lesen - und diese These von Schwartzman überzeugt -, dass sich bedingt durch einen Wandel in der Rolle der Massenmedien auch die Unternehmenskommunikationen ändern: Richtete sich die klassische PR noch an die Öffentlichkeit - eben als Public Relations - rückten durch den Aufschwung der Massenmedien diese immer stärker in den Mittelpunkt der PR, die sich damit auch als MR oder Media Relations definieren ließ.

Mit dem Aufkommen der zu Anfang beschriebenen digitalen Innovationen - die mit den Begriffen Web2.0 oder social web verbundene Geisteshaltung ist ein wichtiger Teil davon - verlieren die Massenmedien als Informationsbündelung und -verbreitung jedoch wieder an Bedeutung und die PR kann sich nun wieder in eine echte Öffentlichkeitsbeziehung verwandeln. Weblogs und Podcasts ermöglichen die Ergänzung der B2M(edia)-Beziehungen durch informationelle B2C-Beziehungen auf der individuellen Ebene, wobei Brand Evangelists (oder Firmen wie trnd) als wichtige Knotenpunkte in einigen Beziehungen die alte Stellung der klassischen Medienkonzerne übernehmen können. In der Netzwerktheorie würde man diese Figuren als Superspreader bezeichnen.

Wichtig ist dabei, dies ist eine weitere These von Schwartzman, dass sich diese neuen unternehmensgenerierten Medien nicht so sehr um die Produkte oder um die Marke selbst drehen, sondern die zukünftigen Kunden nicht aus dem Blick verlieren: "Good corporate generated media will not be about products or services. It will about the people who use them and their shared experiences". Es geht also zunehmend darum, ein Gespräch in Ganz zu bringen und aufrecht zu erhalten, oder in den Worten des Cluetrain-Manifests:

Unternehmen, die nicht begreifen, dass ihre Märkte jetzt von Person zu Person vernetzt sind, daraus resultierend intelligenter werden und sich in Gesprächen vereinen, versäumen ihre beste Chance.

Corporate generated media können eine Möglichkeit darstellen, diese Chance zu nutzen.

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Samstag, 4. März 2006


Heute schon die Zeitung gehört?

newsNachdem ab dem 6. März auch die Neue Zürcher Zeitung als Podcast erhältlich sein wird (Meldung auf Beobachtungen zur Medienkonvergenz), habe ich mich einmal kurz umgesehen, welche Zeitungen es sonst schon zum hören gibt.

Von der (ebenfalls Schweizer) Weltwoche gibt es schon seit Ende 2005 wichtige Artikel als Podcast, aufwändig mit mehreren Sprechern produziert von voiceletter.

Ähnliches bietet das Handelsblatt an. Auch hier findet man eine Auswahl der wichtigsten Artikel als Podcast zusammengestellt.

Das Audioangebot der Hamburger Wochenzeitung Die Zeit umfasst ebenfalls ausgewählte Artikel im mp3-Format. Das Angebot ist allerdings nur noch für kurze Zeit kostenlos und wird dann Teil eines Premium-Pakets (7 Euro im Monat).

Die Nachrichten der WAZ können ebenfalls angehört werden, allerdings vorgelesen durch eine Computerstimme.

Dagegen wirkt der Podcast des Jugendteils der Süddeutschen Zeitung, was würde man anderes erwarten, sehr lebendig und wird zumeist von den (jungen) Redakteuren und Autoren eingesprochen.

Das alles wird aber in den Schatten gestellt von dem vorbildlichen Angebot der New York Times, die auf ihrer Podcast-Seite sage und schreibe 18 tägliche bzw. wöchentliche Podcasts zu unterschiedlichen Themen anbietet und das jeweils in allen möglichen Formaten (RSS, mp3, iTunes, myYahoo etc.).

So und jetzt wird losgehört.

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Von nutzergenerierten Inhalten zum Mashup-Unternehmen?

Das Medienkonvergenzblog berichtet von dem Londoner Forum for the Future der Online Publishers Association. Das Schlüsselthema der Konferenz waren nutzergenerierte Inhalte und wie die traditionellen Medienunternehmen mit dieser neuen Herausforderung umgehen sollen.

Die Frage ist dabei, ob die Unternehmen damit nicht zuviel Steuerungskompetenzen aus der Hand geben oder ob dieser Kontrollverlust durch die gestiegene Beteiligung und Bindung der Benutzer oder Kunden wieder ausgeglichen wird. Tom Glocer, Reuters-CEO kommt letztlich zu dem Ergebnis, dass die Rolle von Medienunternehmen im digitalen Zeitalter vor allem darin liegen können, neue Informationen und Beziehungen in die sozialen digitalen Netze einzuspeisen ("Seeder of clouds"), Werkzeuge für ihre Verbreitung und Nutzung bereitzustellen und als Editor oder Filter zu agieren. Jason Dean kommentiert in dem Blog des britischen Guardian diese neue Entwicklung wie folgt: "The media is no longer in control - digital consumers are, so deal with it. Give them what they want, when they want it: be it online news, blogs, podcasts, audio, video, whatever. Interact, react, be light on your feet. And help consumers to make their own stuff".

Im Sinne eines multisensorischen Ansatzes lässt sich diese Problematik aber nicht nur auf Texte (z.B. digg), Nachrichten (z.B. newsvine) oder Kommentare (z.B. MySpace.com, dort ist übrigens auch der erwähnte Tom Glocer zu finden) beziehen, sondern auch auf andere Bereiche wie Design, Klang oder Musik. Auch hier ermöglichen die neuen Internettechnologien (Stichwort: Web 2.0) einen sehr viel größeren Spielraum, die Bedürfnisse und Vorlieben der einzelnen Nutzer einzubeziehen.

Was bedeutet es also für die Unternehmen, wenn ihr Corporate Design, Corporate Audio oder Corporate Content ersetzt oder zumindest ergänzt werden (können) durch User Generated Design, User Generated Audio oder User Generated Content? Welchen Nutzen können Unternehmen daraus ziehen, ihr Design, ihre Musik oder ihre Kommunikationen der Bearbeitung durch die Nutzer zur Verfügung zu stellen? Entsteht hier im Cluetrain-Universum womöglich nach dem zuhörenden "Blog-Unternehmen" ein neuer Typus des "Mashup-Unternehmens", dessen Erscheinungsbild nicht mehr in den Ideenfabriken der Agenturen ensteht, sondern in den Weiten des Web 2.0 (einen Eindruck über die Breite gibt diese Linksammlung)? Oder in den Worten von vic, einem Kommentator des Weblogs von Guardian Unlimited: "But how does anyone make money out of any of this?"

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