Donnerstag, 12. April 2012


Wie klingen Elektro-Supercars?

Wenn kleine Jungs den Matchbox 911er über den Teppich rasen lassen oder etwas größere Jungs mit dem LEGO Technik Supercar zum 1/4-Meilen-Spurt ansetzen, imitieren sie nicht selten den passende Sound. Was wäre schon ein Sportwagen ohne VROOOOOOOMMMM?

Diese Frage ist für Sportwagenhersteller mehr als nur Kür, spielt doch der Klang beim Fahren eines Prestige-Gefährts für den Kauf eine ebenso große Rolle wie das optische Design. Nicht umsonst fließt bei Marken wie Porsche ein erhebliches Maß an Zeit und Ingenieurskunst in das Sound Design.
Kraft, Dominanz, Status – in der einen oder anderen Form spielen diese Assoziationen eine nicht zu unterschätzende Rolle bei Autos die – um es mit Freddie Porsche zu sagen – "keiner braucht, aber jeder haben will".

So auch für Audi. Ein Supersportwagen soll der R8 Etron sein. Nichts wäre dabei unpassender als ein Sound, der wahlweise "nach rangierendem Müllauto oder nach Krieg der Sterne" (Spiegel.de) klingt.

In mehr als drei Jahren Entwicklungsarbeit hat Audi daher seinen eigenen dynamischen Fahrzeugsound für den R8 Etron entwickelt, der Informationen wie Drehzahl und Geschwindigkeit hörbar macht. Damit liefert er nicht nur ein akustisches Feedback für den Fahrer, sondern auch für (potentiell neidische) Fußgänger.



Dass der Sound des R8 Etron zunächst erfrischend unspektakulär wirkt, ist dabei zu loben. Würden alle Hersteller so verfahren wie Toyota beim Prius wäre die Kakophonie bei großem Verkehrsaufkommen vorprogrammiert.

Dass bei der Gestaltung auch musikalisches Know-How zum Einsatz kommt, mag überraschen. Andererseits ist das gezielte Layering und Kombinieren verschiedener Klänge (im eigentlichen Sinne die Gestaltung von Klangfarben – eben Sound Design) auch in der modernen Musikproduktion nicht ungewöhnlich.
Klar scheint jedoch, dass das Ergebnis kein klassisch musikalisches sein kann, wenn es im akustischen Großstadtdschungel der Zukunft noch ein angenehmes Hörerlebnis hervorrufen soll.


Neuer Sound – bekannte Muster

Nichts desto trotz greift auch der Sound des R8 Etron auf altbekannte und bewährte Muster zurück. Eine ansteigende Tonhöhe etwa suggeriert eine Motor-Drehzahl und damit Beschleunigung. Ein wiederholtes Ansteigen tieferer Töne ist uns aus dem Gangwechsel vom klassischen Getriebe her vertraut und steht damit für stetig steigende Geschwindigkeit.
Obwohl die meisten Elektroautomobile keine Gänge mehr wechseln, sondern effizient durch-beschleunigen, ist es akustisch sinnvoll den Sound nicht bis an die Grenzen des oberen Klangspektrums zu treiben. Wer will schon in auf der Autobahn von einem stetigen, hohen Fiepton genervt werden.

Hier zeigt sich auch der Anspruch ernst genommenen Sound Designs: Wie bei der Gestaltung eines Corporate Sound für Marken geht es nicht nur um die Abbildung von Realität in Klang – das käme einer reinen Sonifikation gleich.
Es geht darum, dem Hörer durch akustische Reize die gewünschten Informationen zu vermitteln und gezielt Assoziationen zu wecken. Dafür ist auch ein gewisses Maß an künstlerischer Freiheit Vorraussetzung.

Welche Klänge werden aus den Mündern der kleinen Jungs in 50 Jahren kommen, wenn sie mit dem Matchbox Audi durchs Kinderzimmer pflügen? Das wird entscheidend davon abhängen, welchen Klang die großen Jungs heute und morgen an Elektro-Autos kennen und lieben lernen werden.

Dienstag, 3. April 2012


O2 macht Stimmung in Deutschland hörbar

Die Stimmung in einem Land kann viel bewirken. Ungeliebte Politiker können sie genauso zu hören bekommen wie der Pendler in U- oder S-Bahn. Vor wichtigen Wahlen wird allerorts die Wechselstimmung beschworen aber auch im Alltag scheinen Stimmung und Wechsel eng verbunden zu sein.

Doch wie macht man ein solch diffuses Phänomen, das es hervorragend versteht sich quantitativen Analysen zu entziehen, hörbar? O2 versucht es über Sonifikation – ein Ansatz der älter ist, als der Begriff vermuten lässt.


Sonifikation – Informationen hören

Das akustische Pendant zur Visualisierung wurde schon von Pythagoras genutzt. Über die Veränderung der Länge einer angeschlagenen Seite zeigte er schon in der Antike den Zusammenhang zwischen mathematischen Zahlenfolgen und musikalischen Tonfolgen auf. (Eine lesenswerte Einführung ins Thema der Sonofikation findet sich bei den Kollegen von See This Sound.at)
Das "hörbar-machen von Informationen" hat eine lange Tradition und so bekannte Vertreter wie den Geigerzähler.

Diesen Weg schlägt nun auch der Mobilfunkanbieter mit der blauen Luftblase ein, der seine TV-Spots in letzter Zeit verdächtig oft mit einem Harfenmotiv beendet. Ob dies lediglich ein Kampagnen-Element ist oder sich zu einem O2 Corporate Sound entwickelt, muss die Zukunft zeigen.
O2 wertet Google News, Wettermeldungen Fußballergebnisse und Twitter Nachrichten aus und macht sie auf einer Website hör- und sichtbar.



Es werden also Stichwörtern analysiert, "die alle etwas mit Zufriedenheit zu tun haben".
Ein interessantes Konzept, auch wenn man es mit der Aussagekraft nicht zu genau nehmen sollte. Denn da wird schon mal eine "prima Primzahl" zum Grund für ein Stimmungshoch, eben weil das Wort "prima" auftaucht. Und eine Nachricht wie "60 unsympathische Menschen 1 Raum = fh düsseldorf" wird als "+1" verstanden – rosa Blüte inklusive.





Dass der Tweet aus Leipzig eigentlich der Stimmung in Düsseldorf gelten müsste, wird wohl auch nicht "verrechnet".

Fast schon könnte man angesichts der ausgeglichenen Werte nahe der 60% Marke denken, es handele sich um eine mit Horoskopen vergleichbare Berechnungslogik, die keine negative Werte zulässt. Doch im Archiv des Stimmungsbildes wird man eines besseren belehrt: Am 1. Februar etwa lag die Stimmung in Deutschland bei nur 39%. Schlechtes Wetter? Zu wenig Twitter Meldungen?


Wie klingt Deutschland?

Eine solche Frage sollte man angesichts dieses Medienexperiments nicht stellen. Denn die Sonifikation von Stichwörtern, kann und will ja nur eine ungefähre Stimmung erlebbar machen, nicht eine Identität ausdrücken. So klingen auch die unterschiedlichen Städte so unterschiedlich nicht. Nicht einmal der Grundton oder das Tempo werden variiert, vom Genre ganz zu schweigen. Hier zeigen sich auch die sinnvollen Grenzen eines solchen Systems.
Nichts desto trotz ein interessanter Ansatz, der wieder einmal zeigt, dass Sound auch in der Markenkommunikation für mehr eingesetzt werden kann als nur Entertainment oder Branding.

Man darf gespannt sein, wie O2 die Stimmungsplattform weiterentwickelt und mit welchen Aktionen man die Stimmung in Deutschland verbessern wird.


PS: Haben Sie weitere "missverstandene" Meldungen gefunden? Posten Sie sie als Kommentar!

Dienstag, 27. März 2012


Die Eiszeit ist zurück!

"Ice, Ice Baby!" Wer bei diesem HipHop Klassiker aus scheinbar unerfindlichen Gründen an einen deutschen Fernsehsender mit orangenem Logo denken muss, liegt goldrichtig. Kabel Eins hat Rhythmus und Phonetik des Vanilla Ice Hits gekapert und zu seiner akustischen Senderkennung gemacht.



Ob die Coolness des ersten kommerziell erfolgreichen, weißen Rappers auf den Sender abfärbt, muss hier Spekulation bleiben. Dass der Song seinerseits auf einem Sample des Queen Klassikers "Under Pressure" basiert hat seinem Erfolg jedenfalls nicht geschadet.
Die Re-Aktivierung bekannter Songs hat Konjunktur. Und Eis auch – mal wieder.

Das fällt angesichts des „gefühlten Sommers“ (Tagesspiegel vom 24.03.2012) nicht schwer. Die Sonne scheint und die Saison hat begonnen für Schöller, Langnese und Co.


Like Ice in the Sunshine

Die Eiscrem-Marke, die nicht überall auf der Welt unter dem gleichen Namen auftritt, jedoch stets das selbe visuelle Logo verwendet, ist auch im Corporate Sound Bereich ein gern zitiertes Case. Legendär ist mittlerweile der Werbesong, den man bereits in den Achtzigern etablierte, und der bis heute untrennbar mit der Marke verbunden ist:



Kaum ein anderer Brand Song wurde in der Werbegeschichte öfter gecovert und neu interpretiert. Von Anastasia über die No Angels bis hin zu Boss Hoss. Doch in diesem Jahr startet Langnese die Werbeoffensive nicht mit dem Evergreen. Stattdessen wird ein weiterer, deutscher Klassiker reaktiviert.
„So schmeckt der Sommer“ ist bereits seit den 1990ern für die Marke im Einsatz. Es wurde sogar in einer Winterversion ("So schmilzt der Winter") adaptiert. Nun wurde der Song von Cassandra Steen neu aufgenommen.



Von der Bekanntheit, dürfte die deutsche Ballade nicht ganz an „Like Ice in the Sunshine“ heranreichen. Doch der Reigen der Sommersongs 2012 ist eröffnet. Man darf gespannt sein, was die Konkurrenz ins Rennen wirft.

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